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Wataru: Wir Japaner lachen sehr viel, das wirkt manchmal kindisch

Ich bin im Oktober 1996 nach Deutschland gekommen, komme aus Japan, habe in Kyoto, der alten Kaiserstadt, gelebt. Dort gibt es ganz wenig schwule Clubs, eine Dragqueen-Party einmal im Monat, da bin ich oft hingegangen. Ich bin nach Deutschland gekommen, um zu gucken, wie die Szene hier so organisiert ist. Warum Deutschland? Als ich jung war, habe ich sehr viel deutsche Musik gehört, klassische Musik, die ist in Japan sehr populär. Und ich dachte, wenn ich ins Ausland gehe, dann nach Deutschland. In den japanischen Zeitungen, steht auch viel über die Entwicklungen im neuen Berlin. Das ist für viele junge Japaner ein Anreiz, nach Berlin zu kommen. Mein Deutschlehrer in Kyoto war auch Berliner. Da hatte ich schon einiges von Berlin gehört, vor allem von der großen Partyszene, und so bin ich nach Berlin gekommen.

Das war eine ziemliche Umstellung für mich. In Japan ist es z.B. so, dass man nicht so laut spricht, man verhält sich eher zurückhaltend. Das ist fast wie ein Schönheitsideal. Da ist hier ganz anders. Wenn man sich hier nicht laut äußert, dann wird man gar nicht bemerkt (lacht). Das hat am Anfang Nerven gekostet. Ich habe z.B. Am Anfang gedacht, die Frau in der Bäckerei hasst mich. Wenn ich nämlich zögerlich die Auslagen angeguckt habe und dachte, was soll ich nehmen, kam gleich ein:“ Was darf´s sein? Was wollen Sie? Was noch?“ Dann hab ich gelernt, so wie sie zu sprechen: Ich will das und das und das! Als sie sich dann bedankt hat und“ Auf Wiedersehen“ gesagt hat, habe ich erst gemerkt, dass sie gar nicht böse auf mich war, sondern ein normaler netter Mensch (lacht). Und nach und nach habe ich mich daran gewöhnt. Die Deutschen diskutieren auch sehr viel. Es gibt manchmal einen heftigen Meinungsaustausch. In Japan ist es eher so, dass man sich die Meinung anhört und dann Verständnis für den anderen zeigt.

Die deutschen Männer sind auch ganz anders. Sie kommen nicht direkt zu dir. Ich stehe z.B. in einem Club, und ein flüchtiger Bekannter betritt den Raum. Ich weiß, er hat mich gesehen. Aber zuerst tut er so, als ob er mich nicht bemerkt hat; irgendwie läuft er an mir vorbei, aber er guckt mich nicht an. Das ist komisch. Dadurch wird der Kontakt schwierig. Woran das liegt, weiß ich nicht. Vielleicht, weil ich Ausländer bin, ist dgfev online casino er vielleicht unsicher? Ob ich seine Sprache spreche?

Ich trete als Dragqueen auf. Was mir zurzeit nicht gefällt, ist die Beziehung zwischen den Dragquenns. Schwierig. Jeder ist stark, und einige sind sehr arrogant. Einmal war eine Dragqueen sehr nett, ein anderes mal ist sie sehr zickig. Das verwirrt mich sehr. Vielleicht liegt es an der Konkurrenz untereinander; ich glaube, da kommen viele Konflikte her. Ich glaube aber auch, dass allgemein Asiaten in der Szene einen schlechten Ruf haben. Einige glauben, dass alle Asiaten ihren Körper verkaufen. Wenn ich Leute in meiner Szene anspreche, geht das Gespräch meistens sofort auf Sex. Die härtesten Typen kommen gleich zur Sache: Was kostet s? Wollen wir es zu online casino dritt machen? Die denken wir sind Stricher. Wir Japaner müssen dann zuerst lachen. Aber das nervt eigentlich ziemlich. Vorurteile entstehen im Kopf. Wenn man aber dann Kontakt mit den Menschen hat, dann verändert man seine Ansichten.

Da sich auf den Partys alles um Sex online casino nbso dreht, macht die Partys irgendwie stumpf. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass die Leute nicht richtig frei tanzen. Das sieht mehr aus wie Posing, wie im Fernsehen. Eigentlich sollte man auf Partys Spaß haben, viel tanzen, aber da gibt es zu viele Leute, die nur da sind, um Sexpartner zu finden. Das gefällt mir nicht. Man kann ruhig Zuneigung zeigen, aber nicht immer gleich auf Sex aus sein. Ich würde mir wünschen, dass die Leute in der Szene normal mit mir reden. Sie sollten lockerer sein. Ich bin nicht nur ein sexuelles Wesen, ich bin ein normaler Mensch, und es wäre sehr schön, wenn ich auch so wahrgenommen würde.

Früher war ich noch weiblicher in meinem Outfit und in meinen Gebärden. Da wurde ich auch mal auf der Straße angemacht von einer Gruppe junger Männer:“ Hallo Schwuler, du Tunte!“ Einer hat mir seinen Schwanz gezeigt. Auch in der U-Bahn bin ich schon bedrängt worden. In Japan gibt es sowas nicht. Ich versuche heute mein Verhalten in der Stadt zu verändern. Manchmal bemerkt man ein Gefühl von Feindseligkeit, wenn man offen schwul in der Stadt auftritt. Man muss seine Umgebung sehr gut beobachten, und wenn man merkt, dass sich jemand durch unser Auftreten genervt fühlt, dann kann man sich besser anders verhalten.

Quelle: Deutsche AIDS-Hilfe e.V.